Austausch, Wertschätzung, Beistand und Unterstützung
v.l.n.r.: Beate Werther, Marie Luise Schulte im Walde, Michael Ridderskamp, Gabriele BuchholzAntonia Gemein
"Eigentlich wollte ich mich trennen", beschreibt Beate Werther ihre Gedanken, als sie sich damals auf den Weg zum Caritasverband machte. "Mein Mann hat mir nicht mehr zugehört, war abweisend, vergaß vieles und wurde auch aggressiv", erzählt die 68-Jährige. Sie hoffte, im Angebot des Caritasverbandes sei "so etwas wie ein Kurs für das Gehirn". Damals war das Jahr 2018 und für sie stand fest: "So kann ich nicht die restlichen Jahre meines Lebens verbringen."
Dass hinter dem Verhalten ihres Mannes eine schwere Erkrankung stehen könnte, daran dachte sie nicht. Erst die Beratungsgespräche bei Gabriele Buchholz, im Caritasverband für die Netzwerkarbeit im Seniorenbereich verantwortlich, sensibilisierten sie dafür. Eine Diagnose brachte Gewissheit: Frontalhirndemenz - eine sehr seltene Form der Demenz. Heute ist Beate Werther eine von vielen pflegenden Angehörigen von demenziell Erkrankten. "Mein Mann verändert sich ständig", erzählt sie. "Er verlernt, was er mal konnte und im Laufe der Zeit wird der Pflegeaufwand immer größer." Dabei hatten die beiden Workaholics immer gesagt: "In der Rente, da lassen wir es uns so richtig gut gehen!"
Kinder, Enkelkinder oder weitere Familie hat die 68-Jährige nicht. "Ich habe Freunde und ich habe diesen Gesprächskreis", sagt sie. Gemeint ist der Gesprächskreis für pflegende Angehörige demenziell Erkrankter, der einmal im Monat vom Caritasverband und der Pflegekasse der BARMER angeboten wird. Corona-bedingt musste Beate Werther auch auf diese gewohnte Form des Zusammentreffens verzichten.
"Dank der unkomplizierten Unterstützung der BARMER konnten wir die Gesprächskreise als Einzel-Hausbesuche durchführen", sagt Marie Luise Schulte im Walde. Die Diplom-Sozialpädagogin leitet den Gesprächskreis Demenz nun im elften Jahr. "So konnten wir zumindest die Not der pflegenden Angehörigen durch die Corona-Beschränkungen ein wenig auffangen." Denn diese war groß, bestätigt auch Gabriele Buchholz. "Wir haben viele telefonische Anfragen erhalten, denn Entlastungs- und auch Beschäftigungsmöglichkeiten fielen durch die Corona-Einschränkungen weg. Die pflegenden Angehörigen waren in der häuslichen Situation nahezu gefangen."
"Wir sehen deutlich die Tendenz, Angehörige so lange wie möglich Zuhause zu pflegen", sagt Michael Ridderskamp, Regionalgeschäftsführer der BARMER. "Die Pflegenden sind meistens Frauen. Für sie ist das eine Herzensangelegenheit. Einen Feierabend gibt es nicht. Corona hat diese Belastung nochmal verschärft. Da war es uns wichtig, möglichst unbürokratisch zu helfen."
Nun werden die Gesprächskreise wieder aufgenommen, in Kleingruppen und unter der Maßgabe: geimpft, genesen oder getestet. Auch die Pflegebedürftigen werden in der Zeit des Gesprächskreises wieder in der Tagespflege des Johannes-van-Acken-Hauses betreut. "Ich freue mich da richtig drauf", sagt Beate Werther. "Denn hier kann ich lachen, weinen, mich austauschen, ich kann reden, wie ich will und werde verstanden."
"Um mit der Situation umgehen zu können, braucht man Hilfe, Unterstützung und Anregung", sagt Marie Luise Schulte im Walde. Und damit meint sie nicht nur die Beratung in Sachen Gelder, Anträge, Pflegeleistungen und -grade sowie Entlastungsmöglichkeiten. Es sind vor allem die kleinen und großen Situationen im Alltag mit dem Erkrankten, die herausfordern und immer wieder das Gefühl erzeugen, allein zu sein. Im Gesprächskreis erfahren die Teilnehmenden, dass sie eben nicht alleine sind.
"Wir haben schöne und wir haben schlechte Zeiten", fasst Beate Werther inzwischen ihr Rentenleben zusammen. "Ich habe gelernt, nur auf das Jetzt und Heute zu schauen. Denn ich weiß nicht, was morgen kommt."
Information:
Seit 2011 bietet der Caritasverband Gladbeck den Gesprächskreis für pflegende Angehörige demenziell Erkrankter an. Während der Kurszeiten im Johannes-van-Acken-Haus können die erkrankten Angehörigen dort betreut werden. Das Angebot und die Betreuung sind für alle Teilnehmer*innen kostenlos. Die Pflegekasse der Barmer und der Caritasverband kommen gemeinsam für die entstehenden Kosten auf.
Termine 2021:
10.07.2021; 07.08.2021; 04.09.2021; 09.10.2021; 06.11.2021; 04.12.2021 jeweils von 10 bis 12 Uhr oder von 13:30 bis 15:30 Uhr
Eine Anmeldung ist erforderlich bei:
Gabriele Buchholz
Senioren und Pflegedienste - Stabsstelle Netzwerkarbeit
Tel.: 02043 / 373 - 454
gabriele.buchholz@caritas-gladbeck.de