Individuell und Miteinander
Es begann 2014 als "Initiative für Kinder psychisch und suchterkrankter Eltern" - ein Zusammenschluss der Stadt Gladbeck und des Caritasverbandes Gladbeck, gefördert durch Mittel der Aktion Mensch. Damals reagierte die Stadt Gladbeck auf entsprechende Bedarfsanalysen und widmete sich damit dem Thema, noch bevor es Eingang in das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz fand. Zehn Jahre später ist der Fachdienst "BlickKontakt" beim Caritasverband daraus entstanden und hat sich etabliert. Hinzu kommt ein von den Krankenkassen gefördertes Projekt, das insbesondere Kinder und Jugendliche im Kontext Schule in den Blick nimmt. "Wir können damit nicht nur Jubiläum feiern, sondern auch auf ein Jahrzehnt erfolgreiche Arbeit für betroffene Familien in unserer Stadt zurückblicken", fasst Lisa Tymann zusammen. Sie leitet die Abteilung "Hilfen zur Erziehung" der Stadt Gladbeck.
"Es freut uns sehr, dass wir die anfänglich als Projekt aufgelegte Initiative über die Jahre verstetigen konnten, denn die ressourcenorientierte Hilfe für Familien ist dringend notwendig. Damals wie heute haben wir einen hohen Bedarf in Gladbeck. Inzwischen gehen die Menschen auch offener mit ihrer Erkrankung um, stoßen aber immer noch auf viel Unverständnis und Abwertung", so Lisa Tymann.
"Wir bieten individuelle Beratung für Kinder und ihre Familien, um alle Beteiligten zu stärken", erklärt Karola Schroers vom Fachdienst BlickKontakt. Sie ist Sozialpädagogin und Systemische Familientherapeutin. Manchmal ginge es um Wissen rund um die Erkrankung und die dazugehörigen Verhaltensweisen. "Vor allem geht es aber darum, individuell zu begleiten, Ängste abzubauen, die eigenen Ressourcen zu entdecken und ein soziales Netzwerk aufzubauen."
Daher gibt es neben der individuellen Beratungsarbeit auch begleitende Gruppenangebote. "Hier haben die Familien die Möglichkeit, gemeinsam etwas zu unternehmen und zu erleben. Das fördert das Miteinander und den Austausch, sowohl für die Kinder als auch die Eltern. Manchmal ist es schon hilfreich zu merken, dass man mit seinen Gedanken und Gefühlen nicht alleine ist", sagt Karola Schroers.
Ihre Kollegin Julia Latocki (B.A. Gesundheitspsychologie und Medizinpädagogik) betreut das von den Krankenkassen (GkV) geförderte Projekt in Schulen: "Hierzu gehören zum Beispiel regelmäßige Sprechstunden an weiterführenden Schulen für Schüler, Lehrer und Eltern. Hinzu kommen Projekttage in den Klassen zum Thema psychische Gesundheit. Diese bauen nicht nur Barrieren ab, sondern sind auch ein wichtiger präventiver Ansatz. Und nicht zuletzt gibt es die Einzelfallarbeit, also die Hilfe im Lebensumfeld des Kindes beziehungsweise des Jugendlichen."
Neben der konkreten Fallarbeit geht es auch um Netzwerkarbeit in der Stadt. "Der Austausch und die Zusammenarbeit mit Schulen, weiteren Institutionen, Jugendhilfeträgern und Fachkräften, die im alltäglichen Leben mit psychisch- oder suchterkrankten Menschen im Kontakt sind, ist sehr wichtig. Hier gibt es regelmäßige Netzwerktreffen", so Karola Schroers.
Und was sind die Ziele für die kommenden zehn Jahre? "Es wäre gut, wenn wir die individuelle Hilfe im Kontext der Schule intensivieren und verstetigen könnten. Das ist präventive Arbeit und sorgt dafür, dass das Thema seelische Gesundheit weiter enttabuisiert wird", sagt Julia Latocki. "Fachgerechte Informationen führen zu mehr Verständnis für psychische- und Suchterkrankungen. Verständnis baut wiederum Unsicherheiten und Hilflosigkeit ab. Daran müssen wir einfach weiterarbeiten", ergänzt Karola Schroers.