„Manchmal geht es auch darum, unsere Vorstellung von Gemeinschaft zu erweitern“
"Sie alle schaffen Unglaubliches: Sie vertreten tolle Werte in ihrer Arbeit mit den Menschen trotz aller Schwierigkeiten im Alltag. Dafür sagen wir Danke", mit diesen Worten begrüßte Gladbecks Sozialdezernent und Erster Beigeordneter Rainer Weichelt die rund 85 teilnehmenden Fachkräfte am Fachtag der Inklusionsfachberatung KiTa. Das Thema lautete: "Das Kind, das aus dem Rahmen fällt. Wie Inklusion von Kindern mit besonderen Verhaltensweisen gelingt."
"Ich bin Historiker", so Rainer Weichelt weiter. "Menschen, die aus dem Rahmen fallen, gab es schon immer. Entscheidend ist doch, wie wir als Gesellschaft damit umgehen." Ein fertiges Rezept gebe es nicht. "Aber Tage wie dieser, an denen wir uns austauschen, Netzwerke pflegen und Informationen mit den Kollegen teilen, helfen. Wir sind in Gladbeck gut unterwegs, aber wir müssen auch dranbleiben."
"Kindertagesstätten befinden sich im schwierigen Prozess der Umgestaltung in Richtung Inklusion", sagen Katharina Synnatzschke und Nicola Dahlmann. Sie sind die zuständigen Ansprechpartnerinnen der Inklusionsfachberatung KiTa. Mit der Einführung des Bundesteilhabegesetzes müssen Kindertageseinrichtungen heilpädagogische Leistungen und damit fachkundige Betreuung für Kinder mit erhöhtem Förderbedarf sicherstellen. "Das führt zu großen Veränderung auf allen Ebenen, insbesondere in der Aus- und Weiterbildung, der Entwicklung der pädagogischen Haltung und der Etablierung von Netzwerken."
Referent des Fachtags war Klaus Kokemoor. Der Diplom-Sozialpädagoge, Supervisor und Therapeut ist Koordinator für Inklusion der Stadt Hannover. Seit 1982 beschäftigt er sich in Theorie und Praxis mit Menschen mit Autismus. "Wer fällt eigentlich aus dem Rahmen?" - diese Frage stellte er gleich zu Beginn seines Vortrags. "Ein Perspektivwechsel ermöglicht ein besseres Verständnis. So können wir besser sehen, was das einzelne Kind braucht."
Anhand zahlreicher Filmsequenzen aus dem Alltag von Kindertagesstätten zeigte er auf, wie wichtig Aufmerksamkeit, Wertschätzung, positive Bestätigung und Verständnis für jedes Kind sind. "Ich meine kein Laissez-faire", stellte Klaus Kokemoor klar. "Manchmal geht es aber auch darum, unsere Vorstellung davon, was Gemeinschaft ist, zu erweitern." Dabei sei völlig klar, dass eine Eins-zu-Eins-Betreuung im Kita-Alltag nicht zu leisten ist. "Aber zwei bis drei Mal am Tag kurze und sehr gezielte Aufmerksamkeit und das Aufnehmen der Impulse und Initiativen des Kindes bewirken schon viel." Nicht zuletzt sei es für Fachkräfte wie auch Eltern wichtig, sich für das zu interessieren, was das Kind zu tun vermag und nicht nur für das, was es nicht kann.
Information:
Die Inklusionsfachberatung KiTa ist ein gemeinsames Beratungsangebot der Stadt Gladbeck und weiterer KiTa-Träger (KiTa-Zweckverband, AWO, SKF, Falken) unter dem Dach des Caritasverbandes Gladbeck. Ab August wird auch die Evangelisch-lutherische Kirchengemeinde in Gladbeck als Träger von zehn Einrichtungen im Stadtgebiet beitreten.