Vom Schichtwechsel zum Sichtwechsel
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Schichtwechsels 2023 mit den zuständigen Betreuern und Organisatoren sowie Vorstand Wieland Kleinheisterkamp. Sonja Conrad
Einen Tag tauschen, sich in die Arbeitswelt des anderen begeben und erleben, wie diese funktioniert. Das ist der Gedanke hinter der bundesweiten Aktion "Schichtwechsel" der Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen (BAG WfbM). Die Caritaswerkstätten in Gladbeck haben sich beteiligt. Insgesamt haben vier Beschäftigte ihren Arbeitsplatz getauscht.
"Dabei geht es uns vor allem um gegenseitiges Kennenlernen, den Austausch und darum, Klischees in den Köpfen aufzulösen", sagt Oliver Grimm, Leiter der Caritaswerkstätten. "Bei uns werden nicht nur einfache Arbeitsgänge verrichtet. Wir sind ein Betrieb, der seine Produkte auch verkaufen muss." Das erlebten die ebenfalls vier Tauschpartner von Unternehmen und Behörden live
Chantal Oebbeke war eine von ihnen. Sonst arbeitet sie in der Gastronomie des Hotels Van der Valk. Nun tauschte sie ihre Schicht mit dem Beschäftigten Kevin Koch und half in der Küche und Kantine der Caritaswerkstatt in der Mühlenstraße. "Ich fand es toll, wie freundlich hier miteinander umgegangen wird. Jeder kennt seine Aufgabe, ist fleißig bei der Sache und es ist ein gutes Miteinander."
"Der Rollentausch fördert die Zusammenarbeit", ist sich Michael Jablonski von der Mammut Filter GmbH nach dem Tag sicher. "Es ist toll, den Arbeitsalltag so offen kennenzulernen. Mit dieser Erfahrung können wir künftig die Zusammenarbeit noch weiter verbessern." Seine Schicht übernahm Stefanie Ponizy bei der Mammut Filter GmbH. "Dabei habe ich gleich Neues gelernt, zum Beispiel das Wickeln von Paletten oder die Endkontrolle beim Wareneingang."
Das Arbeitsangebot in den Caritaswerkstätten ist breit gefächert und reicht von der Metallverarbeitung, der Elektromontage, der Textilverarbeitung, dem Garten- und Landschaftsbau bis hin zur Mediengestaltung und zum Druck. "Werkstätten sind Dienstleistungsunternehmen, die für ihre Kunden passgenau arbeiten", erklärt Oliver Grimm. "Zugleich ist es unser Auftrag, die uns anvertrauten Menschen individuell zu begleiten und zu fördern. Daher gibt es neben der Arbeit in den einzelnen Bereichen noch zahlreiche begleitende Angebote. Zum Beispiel sind Bienenstöcke auf unserem Gelände angesiedelt, die von den Beschäftigten betreut und gepflegt werden. Die neue Ernte kann ab sofort als schmackhafter Honig namens Carigold erworben werden."
Ein weiterer Gedanke prägt den Aktionstag: "Für unsere Beschäftigten ist es wertvoll, die Berufsfelder des ersten Arbeitsmarktes kennenzulernen", so Oliver Grimm. "Der Tag soll ihnen nicht nur Eindrücke verschaffen, sondern auch Wege und Kontakte ermöglichen. Denn im Sinne der Inklusion arbeiten wir verstärkt daran, den Beschäftigten Arbeitsplätze außerhalb der Werkstätten anbieten zu können."
Ein Auftakt hierzu ist definitiv gemacht. Alle vier Beschäftigten sind nach dem Aktionstag begeistert in die Werkstätten zurückgekehrt. "Ich wünsche mir ein Praktikum, das mehr als einen Tag dauert", fasst Marie Rothert, die bei der Stadt Gladbeck die Schicht mit Christin Erbe tauschte, für alle zusammen. "Stimmt, die Zeit war einfach zu schnell um", ergänzt ihr Kollege Florian Duda, der bei der Brinkert GmbH & Co. KG seine Schicht mit Jan Niklas Jansohn wechselte.
Information
Caritas-Werkstätten Gladbeck
Bereits Ende der 1960er Jahre wurden in Trägerschaft des Caritasverbandes Gladbeck Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung geschaffen. Heute finden an zwei Standorten in Gladbeck mehr als 350 Menschen mit Behinderungen oder psychischen Erkrankungen einen Arbeitsplatz, der ihren Wünschen und Fähigkeiten entspricht.
Im Laufe der Jahrzehnte haben die Caritaswerkstätten dabei einen weiten Weg zurückgelegt: Von der "beschützenden Werkstätte" hin zu einem Unternehmen, das berufliche Qualifizierung und Teilhabe am Arbeitsleben in den Vordergrund stellt, um dadurch die Inklusion von Menschen mit Behinderung zu fördern. Der Arbeitsplatz in den Räumlichkeiten der Werkstätten ist dabei nur eine von vielen Möglichkeiten. Daneben stehen Arbeitsplätze außerhalb der Werkstätten und in Betrieben des allgemeinen Arbeitsmarktes zur Verfügung.