Vom Schichtwechsel zum Sichtwechsel
Einen Tag tauschen, sich in die Arbeitswelt des anderen begeben und erleben, wie diese funktioniert. Das ist der Gedanke hinter der bundesweiten Aktion "Schichtwechsel" der Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen (BAG WfbM). Die Caritaswerkstätten in Gladbeck haben sich beteiligt. Insgesamt tauschten vier Beschäftigte für einen Tag ihren Arbeitsplatz.
"Dabei geht es uns vor allem um gegenseitiges Kennenlernen, den Austausch und darum, Klischees in den Köpfen aufzulösen", sagt Oliver Grimm, Leiter der Caritaswerkstätten. "Bei uns werden nicht nur einfache Arbeitsgänge verrichtet. Wir sind ein Betrieb, der seine Produkte auch verkaufen muss." Das erlebten die Tauschpartner von Unternehmen und Behörden dann persönlich vor Ort in den Caritaswerkstätten.
Yvonne Wallrafen arbeitet in der Textilverarbeitung der Caritaswerkstätten. "Mir hat es gut gefallen, zu sehen, wo unsere Aufträge herkommen", beschrieb sie ihren Eindruck. Für einen Tag arbeitete sie bei der Mammut Filter GmbH. Mit dabei war auch ihr Kollege aus der Industriemontage, Felix Maudanz. Beide freuen sich nun auf ein Praktikum in dem Gelsenkirchener Betrieb. "Das ist auf jeden Fall möglich", bestätigte Abdurrahman Karadayi. Als Tauschpartner der Firma Mammut Filter GmbH arbeitete er den ersten Teil des Tages in der Textilverarbeitung und den zweiten in einer Montagegruppe der Caritaswerkstätten. "Ich muss ehrlich zugeben: Ich könnte nicht an der Nähmaschine arbeiten", fasst er seine Tauscherfahrung mit einem Lachen zusammen.
Can Köse konnte seine Schicht mit Julia Hesse vom Hotel Van der Valk in Gladbeck tauschen. "Ich konnte die Entstehung von Material für einen 95. Geburtstag begleiten", erzählt er. "Es gibt nämlich einen eigenen Bereich für die Veranstaltungsorganisation." Julia Hesse unterstützte dafür die Poststelle und war begeistert von der guten Zusammenarbeit.
Diese hob auch Jasmin Braun hervor. Die Mitarbeiterin der städtischen Gladbeck Information schnupperte Küchenluft in der Großküche der Caritaswerkstätten. "Es hat mich begeistert, wie gut die Stimmung hier ist. Jeder hilft und packt mit an. Das Miteinander ist großartig, man kennt sich und weiß bei der Essensausgabe zum Beispiel genau, wer was und wie viel mag." Daniel Schwan übernahm dafür ihre Schicht in der Gladbeck Information bei Eva Klein. "Ich konnte Flyer für Anfragen heraussuchen, die Druckerei kennenlernen und bei der Vorbereitung der Tombola-Auswertung des Blaulichttages helfen."
"Für unsere Beschäftigten ist es wertvoll, die Berufsfelder des ersten Arbeitsmarktes kennenzulernen", so Oliver Grimm. "Der Tag soll ihnen nicht nur Eindrücke verschaffen, sondern auch Wege und Kontakte ermöglichen. Denn im Sinne der Inklusion arbeiten wir verstärkt daran, den Beschäftigten Arbeitsplätze außerhalb der Werkstätten anbieten zu können." Die Praktika-Zusagen bestätigen damit den Erfolg des Aktionstages.
Information
Caritas-Werkstätten Gladbeck
Bereits Ende der 1960er Jahre wurden in Trägerschaft des Caritasverbandes Gladbeck Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung geschaffen. Heute finden an zwei Standorten in Gladbeck mehr als 350 Menschen mit Behinderungen oder psychischen Erkrankungen einen Arbeitsplatz, der ihren Wünschen und Fähigkeiten entspricht.
Im Laufe der Jahrzehnte haben die Caritaswerkstätten dabei einen weiten Weg zurückgelegt: Von der "beschützenden Werkstätte" hin zu einem Unternehmen, das berufliche Qualifizierung und Teilhabe am Arbeitsleben in den Vordergrund stellt, um dadurch die Inklusion von Menschen mit Behinderung zu fördern. Der Arbeitsplatz in den Räumlichkeiten der Werkstätten ist dabei nur eine von vielen Möglichkeiten. Daneben stehen Arbeitsplätze außerhalb der Werkstätten und in Betrieben des allgemeinen Arbeitsmarktes zur Verfügung.